Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine organisiert Apotheker ohne Grenzen Deutschland e.V. (AoG) die Lieferung von lebensnotwendigen Medikamenten in das von Angriffen gezeichnete Land. Nach sechs Monaten gibt die Hilfsorganisation einen Zwischenbericht:
Insgesamt konnten in diesem halben Jahr mehr als 130 Hilfslieferungen mit lebensnotwendigen Medikamenten und Verbandsstoffen im Gegenwert von ca. 2 Mio. Euro Spendengeldern in 40 verschiedene Zielorte der Ukraine gebracht werden. Die Koordination der gesamten von AoG geleisteten Hilfe für die Ukraine erfolgt durch ein dreiköpfiges, hauptamtlich arbeitendes Koordinationsteam, welches durch eine Vielzahl von ehrenamtlichen, geschulten Einsatzkräften unterstützt wird. Die Transporte erfolgen zügig und wenn möglich, direkt und ohne Zwischenlagerung in entsprechenden Lagerhallen der Westukraine, z.B. in Lviv oder Kyiv. Während des Transportes werden die Arzneimittel sachgerecht und wenn nötig gekühlt gelagert. Nach erfolgreicher Zustellung der Lieferung erhält Apotheker ohne Grenzen eine schriftliche Bestätigung des Medikamenteneingangs, oft kombiniert mit einem Dankesschreiben vom medizinischen Ansprechpartner der Empfängerklinik. Dieses Procedere hat sich bewährt, 99% der Lieferungen sind an ihrem Bestimmungsort angekommen.
Aus den persönlichen Berichten der zahlreichen Partner*innen vor Ort, schließen die Mitarbeitenden von Apotheker ohne Grenzen auf eine sich weiter verschlechternde Situation: Während die Kämpfe in der Ukraine unvermindert weitergehen, wird die Versorgungslage vor allem in der Ost- und Südukraine immer prekärer. Einer steigenden Zahl von Binnenflüchtlingen und Schwerverletzten, die durch das überlastete ukrainische Gesundheitssystem nur unzureichend versorgt werden können, steht ein massiver Rückgang von Hilfslieferungen aus dem Ausland gegenüber. Aus der Stadt Dnipro im Zentrum der Ostukraine unweit des Frontverlaufes, aber auch aus der weiterhin bombardierten Stadt Charkiv werden uns große Versorgungslücken gemeldet. Ein dort ansässiger Arzt ist verzweifelt: „Wir haben hier fast nichts mehr und Hilfslieferungen kommen kaum noch an. Es fehlen Antibiotika, Schmerzmittel, Verbandsmaterialien und OP-Bedarf zur Behandlung von Kriegsverwundeten, aber auch überlebenswichtige Insuline für Diabetiker“. Aufgrund vielfach zerstörter pharmazeutischer Infrastruktur und unterbrochener Lieferketten vor allem in den umkämpften Gebieten ist eine zuverlässige Beschaffung von Arzneimitteln vor Ort nach wie vor kaum möglich.